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Aufregung um geplantes Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz

Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) anvisierte Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel steht auf wackeligen Beinen. Ein Gutachten stuft das Vorhaben als verfassungswidrig ein. Hier das Wichtigste im Überblick

Am 27. Februar 2023 präsentierte Bundesminister Cem Özdemir sein Vorhaben, Werbung für ungesunde Lebensmittel zu verbieten, die sich an Kinder unter 14 Jahren richtet. Als ungesund gelten Lebensmittel dann, wenn sie die zulässigen Höchstwerte gemäß Nährwertprofil der WHO hinsichtlich Zucker, Salz oder Fett überschreiten. Das BMEL plant einen breiten Ansatz, der viele Medien umfasst.

Daraufhin hagelte es von einigen Seiten Kritik, da das Vorhaben in der vorgelegten Form Einschränkungen in der Kommunikation für mehr als 70% der Lebensmittel mit sich bringen könnte. 

Auf der Jahrestagung des Lebensmittelverbands Deutschland am 26. April 2023 präsentierte Professor Dr. iur. Martin Burgi, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Umwelt- und Sozialrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München, sein Gutachten zum Referentenentwurf, welches er im Auftrag des Lebensmittelverbands und des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft erstellt hatte.

„Der Referentenentwurf ist ein Dammbruch: Erstmals soll ein auch an Erwachsene adressiertes Werbeverbot implementiert werden – für Produkte, deren Herstellung und Vertrieb in keiner Weise verboten ist und die als solche auch nicht gesundheits- oder lebensgefährdend sind. In vergleichbarer Weise könnte in Zukunft beispielsweise auch Werbung für Flugreisen, für bestimmte Sportarten oder für Autos mit Verbrennermotoren verboten werden”, so Burgi.

Als verfassungswidrig kritisiert wird, dass es sich um einen massiven Eingriff in die Kommunikations- und Wirtschaftsfreiheit handle, ohne eine evidenzbasierte Gefahrenprognose zu liefern. 

“Solange das BMEL keine belastbaren und nachvollziehbaren Anhaltspunkte liefert, dass Werbeverbote tatsächlich zu weniger Übergewicht bei Kinder führen, ist ein derart massiver Eingriff auf dem Boden unserer Verfassung nicht möglich. Entsprechendes folgt aus dem Europarecht.“

Im Gutachten werden auch alternative Maßnahmen zur Bekämpfung von Übergewicht bei Kindern genannt, die ohne Eingriffe in die Grundrechte Dritter auskämen, wie z.B. die Förderung ausgewogener Ernährung und ausreichender Sportmöglichkeiten in staatlichen Aktionsräumen wie Kitas und Schulen.  

„Erst wenn der Staat die Möglichkeiten innerhalb der eigenen Aktionsräume ausgeschöpft hat und feststellt, dass weiterer Handlungsbedarf besteht, darf er in die Freiheiten Dritter eingreifen“, so der Professor.

Burgi bemängelt überdies, dass die Schutz- und Förderfunktion der Eltern bei diesem Gesetzentwurf nicht ausreichend berücksichtigt werde.

 

Das sagen wir von eoa zur Werbeverbotsdebatte

Als Agentur, die sich täglich mit Familien und deren Wohlbefinden auseinandersetzt, begrüßen wir die Stoßrichtung des BMEL, sich mit der Gesundheit von Kindern zu befassen und Maßnahmen zu ergreifen, um die steigende Rate von Übergewicht und damit verbundenen gesundheitlichen Problemen bei Kindern zu bekämpfen.

Wie in jedem demokratischen gesetzgeberischen Verfahren ist es aber auch wichtig, alle Bedenken und Kritiken an den jeweiligen Plänen des BMEL zu betrachten, diese abzuwägen und einzubinden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Eingriffs in die Kommunikations- und Wirtschaftsfreiheit, während nicht abschließend geklärt ist, ob am richtigen Punkt ‘angedockt’ wird oder trotz guter Absicht die sich ergebenden Maßnahmen eher verpuffen als ans gemeinsame Ziel zu kommen.

Es ist nun davon auszugehen, dass das BMEL seine Pläne aufgrund der aktuell bekannten Kritikpunkte nicht verwerfen wird. Unserer Einschätzung nach wird das Ministerium seine Pläne jedoch angemessen modifizieren müssen und die Aussagen des Gutachtens berücksichtigen – schon alleine um das Risiko zu verringern, von einem Gericht sich in Bezug auf das eigene Gesetz medienwirksam Anpassungsverpflichtungen auferlegen zu lassen. Wie genau diese Anpassungen für das weitere Verfahren aussehen werden, ist noch nicht bekannt und muss abgewartet werden. Wir werden das Thema weiterhin aufmerksam und aktiv verfolgen.

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